Jede Idee beginnt mit einem Gedanken

19. Juli 2022

In der Idee leben heißt, das Unmögliche behandeln, als wenn es möglich wäre.

(J. W. von Goethe)

Die neuere Forschung hat herausgefunden, dass wir am Tag ca. 60.000 Gedanken haben. Klingt viel, oder? Und das ist es auch. Wenn man davon ausgeht, dass die Deutschen im Schnitt sechs bis acht Stunden schlafen und unser Unterbewusstsein zu dieser Zeit arbeitet, haben wir rund 16 – 18 Stunden am Tag mit unseren Gedanken zu tun. Wenn wir diese 60.000 Gedanken durch unsere Wachzeit teilen, kommen wir im Schnitt auf 56 – 62 Gedanken pro Minute. Es vergeht also keine Sekunde am Tag, in der wir nicht denken. Allerdings hat die Forschung auch herausgefunden, dass gerade mal 2 – 5 % dieser Gedanken neu sind. Die anderen 95 – 98 % unserer Gedanken sind Wiederholungen von bereits gelernten und gehörten Dingen.

Mit dieser Fülle an Gedanken sollte es uns also nicht schwerfallen, (neue) Ideen und Konzepte zu entwickeln – aber da liegt der Knackpunkt. Es ist gar nicht so einfach, seine Gedanken zu sortieren und zu strukturieren. Ein Gedanke folgt direkt dem nächsten! Befinden wir uns im Schreibprozess, kommt es nicht selten vor, dass wir diesen einen wichtigen Gedanken so sinnvoll wie möglich aufs Blatt bringen wollen und dann merken, dass uns die anderen Gedanken bereits entgleiten. Um diesem Problem zu entgehen, haben sich unterschiedliche Techniken etabliert, die es uns ermöglichen, eine Struktur in dieses Gedankenwirrwarr zu bekommen.

Die wohl bekannteste Technik ist das Brainstorming. Aus der Schule wahrscheinlich noch bekannt als „Cluster“ oder „Mindmap“, visualisieren wir auf einem Blatt unsere Gedanken um ein Hauptthema herum. Diese Technik hilft uns, unsere Gedanken zu einem Oberthema zu kategorisieren und strukturiert darzustellen. Doch Brainstorming ist nicht gleich Brainstorming!

Mittlerweile haben sich verschiedene Techniken der Ideenfindungen etabliert. Martin Baumann und Christoph Gordalla haben in ihrem Buch Gruppenarbeit. Methoden – Techniken – Anwendungen einige hilfreiche Methoden zur Verfügung gestellt, die die Ideenfindungen im Team erleichtern. Vier einfache, aber effektive Techniken möchten wir euch hier gerne vorstellen.

1) Die 4-Ecken-Methode

Bei der 4-Ecken-Methode ist es zunächst wichtig, dass die oder der Teamleiter:in vor Beginn des eigentlichen Prozesses das Thema in mindestens vier Teilaspekte einteilt. Jeder Teilaspekt wird auf einen Flipchart geschrieben und im Raum verteilt. Zudem sollte jeder Flipchart mit 4-6 Stiften ausgestattet sein. Nach einer kurzen Einführung in das Thema gehen nun die Teammitglieder von Flipchart zu Flipchart und schreiben ihre Ideen zu den genannten Teilaspekten auf. Damit es nicht zu langen Wartezeiten kommt, sollten also genügend Stifte bereitliegen. Wie viel Zeit die Teammitglieder dafür haben, kann vorher abgestimmt oder von der oder dem Teamleiter:in vorgegeben werden.

Pro:

  • Eignet sich für Teilnehmer:innen, die noch nicht so viel Erfahrung mit Gruppenarbeiten haben
  • Auch weniger dominante Gesprächsteilnehmer:innen bekommen die Möglichkeit, ihre Ideen mitzuteilen
  • Es wird kein:e Moderator:in benötigt

Contra:

  • Ein direkter Austausch findet nicht statt

2) 6-5-3-Methode

Diese Methode ist vorzugsweise bei einer Gruppengröße von sechs Mitgliedern anzuwenden (geht auch bei fünf oder vier Teilnehmer:innen). Bei dieser Form der Ideenfindung können bis zu 108! verschiedene Ideen entstehen. Tische und Stühle sind kreisförmig angeordnet. Jedes Teammitglied bekommt ein Blatt (am besten DIN-A2) sowie einen Stift und hat fünf Minuten Zeit drei verschiedene Lösungsvorschläge zu einer vorgegebenen Fragestellung zu notieren. Nach Ablauf der fünf Minuten wird das Blatt weitergegeben, bis jedes Teammitglied jedes Blatt einmal beschrieben hat. Hierbei können entweder Ideen der anderen Mitglieder ergänzt oder neue Ideen aufgeschrieben werden. Zum Ende hat man viele unterschiedliche oder auch ähnliche Ideen, auf die dann aufgearbeitet werden können.

Pro:

  • Jedes Teammitglied kann gleichermaßen Ideen beitragen
  • Es wird kein:e Moderator:in benötigt

Contra:

  • Ein direkter Austausch findet nicht statt

3) Brainstorming

Das Brainstorming ist wohl die bekannteste Methode Ideen zu suchen und zu finden. Hierbei ist es zunächst nicht wichtig, wie viele Teilnehmer:innen das Team hat (wobei ein Brainstorming mit 50 Leuten wahrscheinlich sehr anstrengend werden könnte). Das Team ernennt ein:n Schriftführer:in, um alle Ideen zu notieren. Ein wichtiges Schlagwort bei dieser Methode ist: Spontanität! Jeder Einfall zum vorgegebenen Thema darf ausgesprochen sowie schriftlich festgehalten werden, und zwar so, dass jedes Teammitglied das Visualisierungsmedium (z.B. Flipchart, Tafel, Plakat etc.) gut im Blick hat. Dadurch werden die Teammitglieder zu weiteren Ideen und Impulsen angeregt. So ein Brainstorming sollte zwischen 10 und 15 Minuten dauern. Falls die Zeit nicht ausreicht, ist vielleicht das Thema zu allgemein formuliert.

Pro:

  • Dynamik im Austausch unter den Teammitgliedern
  • Bekannte Methode, die wenig Instruktion bedarf

Contra:

  • Eignet sich für relevante Vorschläge (scheinbar irrelevante Vorschläge können mit anderen Methoden besser aufgegriffen werden)
  • Der Redeanteil der Teilnehmer:innen kann stark variieren

4) Freies Schreiben

Die Teammitglieder werden von der oder dem Moderator:in aufgefordert ca. eine Minute lang alle Einfälle zum vorgegebenen Thema zu notieren. Auch hier ist Spontanität gefragt. In dieser kurzen Zeit darf alles aufgeschrieben werden, was den Teammitgliedern zum Thema einfällt. Ob es sich bei den Notizen um Stichpunkte oder ganze Sätze handelt, ist in diesem Fall egal, da es nur darauf ankommt, möglichst viele Einfälle zu verschriftlichen. Sobald die Zeit gestoppt ist, lesen alle ihre Notizen reihum vor. Die Gruppe ist nun dazu angehalten, das Wichtigste zu filtern (dies geht am besten in einer Diskussion). Damit Ideen im Plenum nicht untergehen, sollten diese auf einem Visualisierungsmedium festgehalten werden.

Pro:

  • Schnelle Durchführung
  • Eignet sich für Teilnehmer:innen, die noch nicht so viel Erfahrung mit Gruppenarbeiten haben

Contra:

  • Methode kann befremdlich auf die Teilnehmer:innen wirken, da auch unsinnig erscheinende Ideen vorgetragen werden müssen

Es gibt natürlich noch viele weitere Techniken, die dem Team bei der Ideenfindung helfen können. So gibt es z.B. Techniken, die sich darauf konzentrieren, die Perspektive der Teammitglieder herauszufordern. Diese eignen sich besonders dann, wenn kritisch an ein Problem herangegangen werden soll. So sind z.B. Gruppenmitglieder angehalten, sich einem Problem aus der Perspektive einer oder eines Vorgesetzt:in zu nähern, sich in die oder den Direktor:in oder auch eine:n Kund:in hineinzuversetzen. Eine ganz hervorragende Technik, sich einem Problem aus unterschiedlichen Perspektiven zu nähern, ist z.B. das metaphorische Aufsetzen von sogenannten ‚Denkhüten‘. Hierbei setzen sich die Teilnehmenden unterschiedlich farbige Hüte auf (natürlich nur metaphorisch, da es unwahrscheinlich ist, so viele farbige Hüte zu besitzen). Jede Farbe steht dann für eine Eigenschaft, die das Teammitglied vertritt. So steht z.B. der weiße Hut für Sachlichkeit und Neutralität, der grüne Hut für Kreativität und der blaue Hut für Distanz und Kontrolle. Unter diesen Bedingungen eine Diskussion zu führen, kann sogar richtig Spaß machen und die Teammitglieder sind aufgefordert auch mal über den Tellerrand hinauszuschauen.

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