Ständige Erreichbarkeit – Fluch und Segen zugleich

5. Juli 2022

Fühlst du dich manchmal unter Druck gesetzt und gestresst, weil dein Smartphone einfach nicht stillsteht? Oder ertappst du dich selbst dabei, wie du fast zwangartig in regelmäßigen Abständen deinen Bildschirm entsperrst, obwohl es dafür keinen driftigen Grund gibt? Ja, dass wir eine Gesellschaft mobiler Abhängigkeit geworden sind, ist kaum zu leugnen.

Laut Untersuchungen entsperrt der durchschnittliche Nutzer sein Gerät pro Tag rund 80-mal, also ungefähr alle zwölf Minuten, wenn man von acht Stunden Schlaf ausgeht. Mit dem Klingeln des Handyweckers fängt es morgens schon an: Ein verschlafener Blick auf den Bildschirm und schon poppen die neuesten Nachrichten und Updates auf.

Die Flut an Informationen, die unser Gehirn Tag täglich aufnehmen muss, steigt immer weiter an. Apps wie Facebook oder Instagram sind technologisch so ausgerichtet, dass die User dort viel Zeit verbringen sollen, um dem Alltag zu entfliehen, Langeweile zu überbrücken oder aber um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben. Dass sich das negativ auf unsere Gesundheit auswirken kann, ist kein Geheimnis mehr.

Für den negativen Effekt sozialer Medien auf die Psyche vermuten Experten unter anderem folgende Ursachen:

Der soziale Vergleich

Schlanke, durchtrainierte, makellose Menschen – die Instagram & Co. Welt suggeriert vor allem eins: Perfektion. Dass diese Darstellungen mehr Schein als Sein sind, ist sicherlich vielen bewusst, vielen – aber leider nicht allen. Insbesondere Jugendliche und psychisch labile Menschen neigen dazu, sich mit diesen Schönheitsidealen zu vergleichen. Dies kann zu ernsthaften Selbstzweifeln und einer verzerrten Selbstwahrnehmung führen.

Der Zeitaufwand

Logisch: Je mehr Zeit vor dem Screen verbracht wird, desto weniger bleibt für echte soziale Kontakte, das Umsetzen von Plänen, für Tagträume, Muße, Schlaf, Bewegung und vieles mehr. Werden diese essenziellen Bedürfnisse vernachlässigt, leidet auch die Psyche.

Die Reizüberflutung

Das menschliche Gehirn ist nur begrenzt aufnahmefähig. Eine aktuelle Studie der Universität Wien zeigt, dass insbesondere die Fülle audiovisueller Reize, die Internet-Videokanäle bieten, das Gehirn überfordern kann. Die subjektiv wahrgenommene Informationsüberflutung ist wiederum mit depressiven Symptomen und einem reduzierten Wohlbefinden assoziiert.

Die Sucht nach Bestätigung

Werden Posts gelikt, mit positiven Kommentaren versehen oder Beiträge retweetet, schüttet der Körper Glückshormone aus. Diese angenehme Erfahrung möchte man wiederholen, insbesondere dann, wenn es im realen Leben nur wenige alternative Quellen positiver Erfahrungen gibt. So kann eine ernstzunehmende Sucht entstehen. Betroffene verbringen dann im Bemühen um Anerkennung immer mehr Zeit im Netz. Von einer internetbezogenen Störung spricht man, wenn die Betroffenen die Kontrolle über ihr Internetverhalten verlieren. Sie entwickeln eine Toleranz, die dazu führt, dass mehr konsumiert werden muss, um den gleichen positiven Effekt zu erzielen. Ist die Nutzung nicht möglich, treten Entzugserscheinungen auf. Interessen und Pflichten werden dann zunehmend vernachlässigt, aber der Internetkonsum wird trotz der negativen Konsequenzen dieses Verhaltens fortgesetzt – ein Teufelskreis beginnt.

Woran du merkst, dass du eine Auszeit von deinem Smartphone brauchst

Es gibt verschiedene Warnsignale, bei denen man sein digitales Leben und die Social Media-Nutzung hinterfragen sollte. Sie äußern sich vor allem durch Stress, Unruhe und starke Stimmungsschwankungen, die mit dem Blick ins Smartphone unmittelbar zusammenhängen. Darüber hinaus deuten Einschlafprobleme oder Nervosität darauf hin, dass man stark unter Strom steht – dies kann insbesondere dann vorkommen, wenn man sich direkt vor der Nachtruhe noch durch sämtliche Beiträge scrollt.

Maßnahmen für einen gesünderen Umgang mit dem Smartphone

„Social Detox“ – ein Begriff, den du sicherlich schon mal gehört, gelesen oder sogar schon selbst in die Tat umgesetzt haben. Man versteht darunter eine Art „Smartphone bzw. Social Media-Entzug“ für ein paar Tage oder gar mehrerer Wochen, eine Pause, eine Rückbesinnung, ein kurzer Moment der Analogie. Sicherlich für den Moment hilfreich – ob diese Maßnahme allerdings auf lange Sicht nützlich ist, sei dahingestellt. Ähnlich wie der Effekt einer Diät ändert sich auf Dauer nichts, wenn man sein eigenes Verhalten nicht grundlegend überprüft.

Um die Zeit am Smartphone zu verringern aber dennoch Up-To-Date zu bleiben, gibt es ein paar einfache, aber sinnvolle Tipps und Tricks, die jede*r von uns ausprobieren kann:

  • Trauen Sie der Scheinwelt nicht

Rufe dir beim Surfen in den Sozialen Medien stets ins Gedächtnis, dass das, was du dort anschaust, zum großen Teil mit viel Arbeit im Hintergrund verbunden ist. Oftmals handelt es sich sogar um Fake Darstellungen oder lediglich Momentaufnahmen aus einem sonst völlig gewöhnlichen Leben. Mit Filter, Photoshop und aufwendigem Makeup kann fast jeder ein Supermodel sein.

  • Fokussiere dich auf das echte Leben

Dank Twitter, Instagram, Snapchat & Co. ist es uns möglich, weltweit miteinander zu kommunizieren und uns auszutauschen. Dies ist gerade in Zeiten einer Pandemie noch wichtiger geworden. Nichtsdestotrotz können Soziale Netzwerke niemals einen realen menschlichen Kontakt ersetzen. Umarmungen und Berührungen, Blicke, gemeinsames Lachen – all das stärkt die Psyche. Schenke deinem realen Leben immer mehr Aufmerksamkeit als dem virtuellen.

  • Surf nicht in schlechter Stimmung

Du fühlst dich ohnehin schon traurig, einsam oder hast einfach schlechte Laune? Dann leg bewusst eine Social Media Pause ein, bis du dich wieder besser fühlst. Such dir eine Beschäftigung, die dir guttut. Sport, ein Spaziergang, ein Treffen mit Freunden…

  • Setzen dir zeitliche Limits

Wie viel Internet pro Tag gut tut und wie viel das Wohlbefinden beeinträchtigt, ist sehr individuell. Überleg dir bewusst, zu welchen Tageszeiten und in welchen Situationen du auf dein Handy verzichten kannst und willst.

  • Verbann das Smartphone aus dem Schlafzimmer

Wenn du nicht unbedingt telefonisch erreichbar sein musst, solltest du dein Handy nicht mit ins Bett nehmen. Der Abend sollte eine Phase der Ruhe sein, in der die Erlebnisse des Tages verarbeitet werden können. Neue Reize und Informationen kurz vor dem Schlafengehen sind kontraproduktiv. Gute Alternativbeschäftigungen sind zum Beispiel Musik hören, in einem Buch lesen oder aber Meditieren.

  • Starten Sie den Tag mit angenehmen Ritualen

Auch morgens heißt es: Erstmal kein Handy! Suche dir stattdessen kleine Rituale, die dich entspannter in den Tag starten lassen. Bleib bei dir, bevor du dich mit den Neuigkeiten der anderen beschäftigst.

  • Stellen Sie Push-Benachrichtigungen ab und nutzen Sie öfters die Lautlosfunktion

Du kannst selbst entscheiden, über was und wie oft du benachrichtigt werden möchtest.

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